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Stadt Zürich
10.10.2023
12.10.2023 09:42 Uhr

Hoffentlich nicht nur Papier

Blick auf das Globusprovisorium über das Central hinweg, Aufnahme von 2016.
Blick auf das Globusprovisorium über das Central hinweg, Aufnahme von 2016. Bild: Amt für Städtebau
Nach dem Willen des Stadtrats soll das Papierwerd-Areal bei der Bahnhofbrücke nun endlich sorgfältig transformiert werden. Nach einem Dialogverfahren («Forum Papierwerd») und einer Onlinebefragung liegen nun verschiedene Denkanstösse für die Neugestaltung vor. Sie lassen vermuten, dass das (Globus-)Provisorium baulich zumindest in Teilen oder auf jeden Fall konzeptionell weiterleben wird.

Tobias Hoffmann

Papierwerd – wo ist denn das überhaupt, mögen sich viele fragen. Dabei gibt es kaum einen zentraleren Ort in der Stadt: Das Areal befindet sich zwischen Bahnhofplatz und Central, andockend an die Bahnhofbrücke. Früher befand sich hier tatsächlich eine «Werd», was «Flussinsel» bedeutete (in Höngg weiss man das noch heute). Auf der Insel wurde lange eine Papiermühle betrieben, daher der Name. Später kam ein Kaufhaus an ihre Stelle (der «Globus»).

Verrammelt, aber pittoresk

Die Werd war per Steg mit dem Limmatquai verbunden, daran reihten sich mehrere Mühlen. Etwas flussaufwärts gab es noch einen weiteren Steg, auch er gesäumt von Mühlen. Der Limmatraum war, sagen wir es etwas salopp, verrammelt.

Die Urbanisationen des 19. Jahrhunderts und der Jahrhundertwende nach der ersten Eingemeindung 1893 veränderten den Flussraum, tasteten aber die Flussbauten nicht an.

  • Limmatraum etwa um 1850. Gut zu erkennen ist, wie massiv der Flussraum «verriegelt» war. Bild: Baugeschichtliches Archiv
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  • Bahnhofbrücke und Limmatraum, aufgenommen 1910 von Eduard Spelterini. Die gut erkennbare Baustelle im oberen Bildteil betrifft den Abbruch des Klosters Oetenbach zugunsten der Amtshäuser. Bild: Baugeschichtliches Archiv
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  • Der Untere Mühlensteg in einer Aufnahme von 1939. Rechts sieht man das Globus-Warenhaus, links die dichtgedrängten ehemaligen Mühlengebäude. Bild: Baugeschichtliches Archiv
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Eine brachiale Flussputzete

Um 1950 ging es den aus heutiger Sicht ziemlich pittoresken Mühlenbauten und dem Globus-Warenhaus an den Kragen: Man wollte den Flussraum befreien, so etwa nach dem Motto «Freie Sicht auf die Limmat».

Ausserdem erforderte der rasant zunehmende Verkehr einerseits die Verbreiterung der Bahnhofbrücke, andererseits die Zuschüttung des linken Flussarms, damit eine Autounterführung erstellt werden konnte.

Dauerprovisorium seit über 60 Jahren

Die Insel gab es fortan nicht mehr, der «Globus» wurde abgebrochen, und 1961 errichtete man ein Provisorium – das bis heute steht. Unterschiedlich genutzt, befindet sich darin seit Längerem ein Coop-Supermarkt. Das ewige Provisorium dauert fort, weil zahlreiche Vorschläge zur Neugestaltung des Areals versandeten. Das soll sich nun aber endlich ändern.

Zustand der Baustelle um 1952. Der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur fordert ihren Tribut: Das Warenhaus ist abgebrochen, der linke Flussarm trockengelegt, und die Bahnhofbrücke wird massiv verbreitert. Bild: Baugeschichtliches Archiv

2022 führte die Stadt das Dialogvefahren «Forum Papierwerd» durch, an dem Fachleute, Politiker und Vertreter der Bevölkerung beteiligt waren. Ausserdem wurde eine Onlinebefragung durchgeführt, an der über 600 Leute teilnahmen. Das Ziel war es, Ideen für die zukünftige Nutzung des Areals zu definieren. Vorgegeben waren lediglich vier Szenarien: Erhalt, Neubau, Freiraum/Platz sowie Kombinationen davon. 

Der integrale Erhalt ist keine Option

Die Ergebnisse des Forums Papierwerd bilden die Basis für die Strategie zur Zukunft des Areals. Ein Bericht fasst sie zusammen: Demnach wird der integrale Erhalt des Globusprovisoriums abgelehnt. Ein Neubau ist jedoch nur sinnvoll, wenn sich ein klarer (öffentlicher) Bedarf abzeichnet. Eine Weiterentwicklung des Bestands wurde in allen Szenarien verfolgt. Auch das Szenario eines Freiraums/Parks wird als valable Option betrachtet. Die vielfältigen Vorschläge aus dem Forum lassen sich im Idealfall kombinieren. 

  • Zentrale Aussage 1 Bild: Stadt Zürich
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Sofortmassnahmen ab 2024

Das alles klingt allerdings nicht nach einer zügigen Umsetzung, zumal auch eine enge Koordination mit dem «Masterplan HB / Central 2050» angestrebt wird. Immerhin kündigt die Stadt für 2024 temporäre Sofortmassnahmen an, die «im Sinne der Ergebnisse des Dialogverfahrens niederschwellig durchführbar sind», wie es in der Medienmitteilung heisst.

So soll der Raum südlich des Gebäudes, also wohl der Bereich um die Wertstoffsammelstelle, zum Freiraum aufgewertet werden. Und die heute mit Folien intransparent gemachte Fensterfront auf der Seite des Eingangs soll geöffnet werden. Das dürfte ohne viel Aufwand möglich sein, ausser dort, wo gemauerte Wände eingezogen worden sind. Einkaufen mit Durchblick – das wäre der erste Schritt zur Durchlässigkeit, die sich alle wünschen. 

Tomaten vor den Augen: Die mit Folien zugeklebte Fensterfassade soll im nächsten Jahr transparenter werden. Bild: Tobias Hoffmann
Tobias Hoffmann/Zürich24